Geschrieben von: Sabine Ruthenfranz
Fachjournalistin Heimtier-Marketing & Katzenmedizin

Da für aktives Marketing schnell große Summen zusammenkommen, ist nur verständlich, dass jeder Unternehmer so viel wie möglich selbst umsetzen möchte. Und die heutige Technik macht es möglich: Den Flyer mal eben selbst zusammenklicken, die Homepage per Baukasten in Eigenregie erstellen und den Aushang für die neue Aktion schnell zusammenkopieren. Die oft sogar kostenlose Software mit benutzerfreundlicher Anwendung bietet zahlreiche Möglichkeiten und regt zum Selbermachen und Sparen an. Doch wie so oft steckt der Teufel im Detail. Denn im Marketing geht es schließlich nicht nur um Werbemittel. Auch die Funktion und das Zielvorhaben hinter jedem Werbemittel (das Konzept), müssen stimmen. Die vermeintlich kostenlosen Do-it-yourself-Lösungen entpuppen sich deshalb nicht selten als teure Zeitdiebe mit zweifelhaften Ergebnissen. Aber es geht auch anders.

Es gibt eine Vielzahl an Marketingaufgaben, die man mit angelesenem Fachwissen selbst umsetzen kann. Neben dem angeeigneten Fachwissen, benötigt man jedoch auch noch die Zeit dafür, man sollte etwas Talent mitbringen und am besten auch noch Spaß dabei haben. Fachwissen, Zeit und Talent vorausgesetzt, hat man die Möglichkeit einen großen “Marketingbatzen” selbst umzusetzen. Und: Damit viel Geld zu sparen! So weit die Theorie.

Als Tochter selbständiger Eltern habe ich viele geschäftliche Höhen und auch Tiefen von Kind an miterlebt. Ich weiß, dass einem nichts in den Schoß fällt und man am Erfolg arbeiten muss. Ich weiß aber auch, dass Fleiß allein nicht der einzige Weg zum geschäftlichen Erfolg ist. Eine Sorge meiner Eltern die allgegenwärtig war, ist wohl die Sorge oder der ständige Gedanke aller Selbständigen: „Wie komme ich an neue Kunden und was kann ich selbst dafür tun? Und wie kann ich Werbung und Marketing in Eigenregie umsetzen?“

Sparen oder draufzahlen mit “Selfmade-Marketing”

Was sind denn nun die Dinge, die man im Marketing mit angelesenem Fachwissen selbst umsetzen kann? Wo sind die Grenzen?

In über 16 Jahren habe ich eine Vielzahl “Nicht-Marketing-Fachleute” dabei begleitet ihr Marketing erfolgreich selbst in die Hand zu nehmen. Und dabei habe ich festgestellt, dass diese Grenzen unglaublich unterschiedlich sind. Das ist eigentlich auch ganz logisch, denn jeder hat eigene Fähigkeiten, andere Hobbies und auch eine andere Schmerzgrenze, um sich neue Kenntnisse anzueignen.

Ich habe dabei sensationelle Überraschungen erlebt. Zum Beispiel als sich eine Kundin unter meiner Anleitung plötzlich als Marketing- und Computer-Genie entpuppt hat, die nun ganz selbstverständlich ihre Homepage weitestgehend (!) selbst betreut. Und die sich vom Kenntnisstand gerade einmal E-Mails abrufen zu können, durch sämtliche Tücken der Technik durchgebissen hat. Auf diese Kundin bin ich unendlich stolz! Denn sie hat gezeigt was möglich ist. Sie hat allerdings auch das Vertrauen Fragen zu stellen.

„Warum ist das so? Wie teuer ist das? Kann ich das selbst umsetzen ? Was muss ich dafür können? Und was wäre eine Alternative?“

Diese Fragen schießen wie selbstverständlich aus meiner “Wunderkundin” heraus. Wir diskutieren pro und contra. Wägen Kosten und Nutzen ab. Überlegen die Prioritäten, weil es einfach ganz normal ist, dass auch oder gerade im Marketing nicht alles auf einmal geht.

Im Marketing sind die Budgetgrenzen nach oben hin offen. Selbst ein Großkonzern hat Budgetgrenzen, wenn diese auch etwas höher liegen dürften, als bei einem Einzelunternehmen. Jedenfalls gibt es Kunden, Marketinglaien, die wie meine Wunderkundin die Ärmel hochkrempeln und sich beraten lassen und dann durchstarten. Und es klappt. Aber ich habe auch Kunden erlebt, die anfangs voller Enthusiasmus alles selbst machen wollten und sehr schnell festgestellt haben, dass ihnen sowohl die Zeit als auch das Interesse fehlte, sich selbst um ihr Marketing zu kümmern. Hierbei gilt es vor allem ehrlich zu sich selbst zu sein.

Richtig rechnen für erfolgreiches Selfmade-Marketing

Für erfolgreiches Selfmade-Marketing muss man folgende Rechnung aufmachen: Die Zeit, welche man als “Laie” mit mancher Aufgabe verbringt, im Verhältnis zu der Zeit, die ein “Profi” für diese Aufgabe benötigen würde.

Auf den ersten Blick ist die eigene Leistung natürlich erst einmal kostenlos.

Eigentlich müsste man jedoch den eigenen Arbeitslohn für diese Zeit einrechnen, um Kosten und Nutzen realistisch auszurechnen. Das macht leider kaum jemand.

Ein weiterer Punkt: Nur allzu oft werden vollkommen unsinnige Marketingausgaben getätigt, wovon der Profi des Vetrauens sicherlich abgeraten hätte!

Preise für Materialien und Druckkosten, die Wirksamkeit von Werbemitteln, den Nutzen von bestimmten Marketingaktivitäten und so weiter, kann ein Laie oft nur schwer oder gar nicht abschätzen.

Eine ebenfalls beliebte Falle: “Das brauchen wir nicht extra in Druck geben, das können wir doch einfach hier über unseren Officedrucker (oder Kopierer) ausdrucken.”

Was der Laie nicht sieht und nicht bedenkt: Die Druckkosten bei einer günstigen Druckerei liegen oft um ein vielfaches unter den Material- und Vebrauchskosten der eigenen Ausdrucke oder Kopien. Zudem wirkt das Druckergebnis der Selfmade-Variante oft unprofessionell.

Vorsicht Falle

Manchmal wird buchstäblich der letzte Hosenknopf für absolut überteuerte Werbemittel ausgegeben. Der Profi kann den ausbleibenden Effekt meist leicht abschätzen. Der Laie jedoch investiert manchmal seine letzten Ersparnisse in der Hoffnung, dass diese eine Aktion “die Rettung” ist und dann die Aufträge einströmen.

Mit den genannten Beispielen möchte ich niemanden davon abbringen Marketing selbst in die Hand zu nehmen. Ich möchte dazu anregen “richtig zu rechnen” und seine eigenen Talente, Interessen und Grenzen bei den Do-it-yourself-Möglichkeiten zu berücksichtigen. Wenn alles zusammenspielt, bedeutet das dann nämlich: Aktives, erfolgreiches Marketing bei minimalen Marketingkosten. Und wenn nicht, kann man Schritt für Schritt an seinen Grenzen arbeiten und sich gezielt helfen lassen.

Geld sparen mit Do-it-yourself-Marketing und dem Balancefinder

Um tatsächlich durch Eigenleistung Geld sparen zu können, kommt es auf die richtige Auswahl der Aktivitäten an. Gedanklich sollte man die anstehenden Marketingaufgaben in drei „virtuellen“ Business-Etagen aufteilen.

Die Chefetage für das Tagegeschäft

Hierhin gehört die Nutzung berufstypischer Qualifikationen; persönliche, soziale und methodische Kompetenzen, sowie der Einsatz beruflicher Erfahrungen.

Die Büroetage für zusätzliche Aufgaben

Auf der Büroetage kommen nun die Aufgaben aus dem Marketing dazu. Hier stellt sich nun die Frage aller Fragen: Ist externe Hilfe notwendig oder kann man die Aufgabe allein stemmen?

Die dritte Etage ist der Versorgungkeller

Dort werden Aufgaben erledigt, die definitiv in professionelle Hände gehören. Dazu zählen alle Aufgaben, die nur selten oder einmalig vorkommen, deren Bearbeitung lange Erfahrung benötigt, die sehr komplex sind oder bei denen es sehr lange dauern würde sie zu erlernen.

Um die Marketingaufgaben in die jeweils „passende“ Etage einzusortieren und die Frage nach Eigenleistung oder externer Vergabe zu klären, stellt man sich bei jeder einzelnen Aufgabe die folgende Fragen und beantwortet sie. Fragen, welche man nicht sicher beantworten kann, rutschen automatisch auf die höchste Stufe (Stufe 5). Oder es müssen vorab zusätzliche Recherchearbeiten erfolgen, um die Aufgabe richtig einschätzen zu können.

Der Balancefinder:

  • Schwierigkeitsgrad: Wie hoch ist der Schwierigkeitsgrad, wenn man die Aufgabe selbst übernehmen würde? (1 leicht bis 5 sehr schwierig)
  • Zeitaufwand: Welcher geschätzte Zeitaufwand steckt dahinter? (1 wenig Zeit, bis 5 zehr viel Zeit)
  • Häufigkeit: Wie oft muss/sollte die Aufgabe erledigt werden? (1 selten, bis 5 häufig)
  • Kosten: Wie hoch sind die Kosten? (1 geringe Kosten, bis 5 hohe Kosten)
  • Nutzwert/Dringlichkeit : Welchen Nutzwert hat die Aufgabe bzw. wie dringlich ist sie? (1 geringer Nutzwert/Dringlichkeit, bis 5 hoher Nutzwert/Dringlichkeit)

Unter Berücksichtigung der eigenen Situation, wie z.B. der eigenen Kenntnisse und Talente, kann nun eine sinnvolle Verteilung und Umsetzung der Marketingaufgaben erfolgen. Damit steht erfolgreichem Do-it-Yourself oder Selfmade-Marketing nichts mehr im Weg.

Erschienen in ZoofachTrend 04/2019