Geschrieben von: Sabine Ruthenfranz
Fachjournalistin Heimtier-Marketing & Katzenmedizin

Nicht aufzugeben – das ist es, was einen erfolgreichen Unternehmer ausmacht. Sich immer wieder neu zu erfinden, Trends zu erspüren, sich auf die wesentlichen Dinge zu konzentrieren. Dazu gehört es auch sich mit dem Wettbewerb zu vergleichen – manchmal auch dann, wenn es weh tut. Denn wie soll man sonst erkennen, weshalb andere vielleicht die Nase vorn haben? Wie findet man sonst seine eigenen Schokoladenseiten und lernt diese hervorheben?
Leider ist das nicht ganz so einfach. Vielleicht ist es sogar die Königsdisziplin der Selbständigkeit: Immer und immer wieder jeden einzelnen „Baum“ anzusehen, ihn zu erkennen, obwohl man selbst mitten im sprichwörtlichen Wald steht. Doch was wäre, wenn man gar nicht allein in seinem Wald stehen würde?

Seitdem der Siegeszug des Internethandels begonnen hat, beobachten viele lokale Händler, jeder für sich und mit betretener Miene, was um sie herum vor sich geht. Ganz gleich in welcher Branche sie sich befinden. Das Internet ist vielerorts längst der Sündenbock für alles geworden, was nicht klappen will. Allein im Kampf gegen Windmühlen, macht sich Frust breit.

Doch es gibt sie noch: Die erfolgreichen Händler im Ort. Händler die ihren Weg gefunden haben und ihn unermüdlich gehen. Fragt man sie nach der Bedeutung des Internets lächeln sie und erzählen, was sie sich zuletzt online bestellt haben. Konkurrenzdenken und Existenzangst? Fehlanzeige. Respekt? Sicherlich. Doch sie wissen um ihre eigenen Vorzüge. Und sie wissen: Sie sind nicht allein!

Der kleine Stoffladen mit der spitzen Zielgruppe

Ich habe nicht schlecht gestaunt, als ich vor einigen Jahren Melanie kennengelernt habe. Sie ist Mitte 40, alleinerziehend und hat scheinbar Energie für vier. Dabei hat sie es ganz sicher nicht leicht. Trotzdem wirkt sie wie ein Fels in der Brandung. Sie hat ein gut funktionierendes, soziales Netzwerk um sich herum aufgebaut. Und ihr kleiner Laden läuft, da sie vieles bietet, was man im Internet nur schwer finden kann: Herzlichkeit, Lächeln, Klatsch & Tratsch aus dem Ort und persönliche Empfehlungen, für alles was man gebrauchen könnte. Bei ihr im Laden scheint die Zeit still zu stehen und man kommt meist nicht drum herum etwas bei ihr zu kaufen. Dabei drängt sie sich nicht auf. Melanie ist einfach beständig vor Ort und sie ist sich nicht zu schade mit ihren Kundinnen und Kunden Kontakt zu halten und charmant zu plaudern. So ist sie immer auf dem Laufenden und nutzt jede sich bietende Gelegenheit um andere Unternehmen aus ihrem Umfeld zu empfehlen. Das ist für sie selbstverständlich, da sie weiß, dass sie allein kaum eine Chance hätte. Wenn sie Hilfe braucht, bittet sie um Hilfe. Und sie bekommt Hilfe!

Das kleine Viertel mit dem unglaublichen Netzwerk

Als ich Melanie für ein Interview besucht habe, ging es in ihrem kleinen Laden zu wie in einem Taubenschlag. Neben zahlreichen Kunden, die ein und ausgingen, gab es zahlreiche Begegnungen mit anderen Selbständigen aus der Umgebung. So etwas hatte ich bei uns in der Stadt in dieser Form noch nie beobachtet. Da kam der Nachbar von rechts, um sich Kopierpapier auszuleihen. Die Nachbarin von gegenüber, um neue Flyer bei Melanie auszulegen. Und dann kamen zwei junge Herren, die mit ihr das nächste Gemeinschaftsevent des Viertels besprechen wollten. Denn im Viertel ist immer etwas los, um die Kunden zu unterhalten, zu binden und um ihre Bedürfnisse noch besser kennenzulernen. Keiner „brotschelt“ allein vor sich hin. Alle verfolgen gemeinsam das gleiche Ziel: Sich gegenseitig zu unterstützen, um gute Geschäft machen zu können!

Die große Chance, die viele Unternehmer nicht sehen

Immer konzentriert auf das Tagesgeschäft, auf Produkte, Preise und den Wettbewerb, scheint das Unternehmer-Ich fast schon unterwürfig auf der Strecke zu bleiben. Ein resigniertes „Wer bin ich schon?“, „Wer würde mir schon helfen?“ ist an der Tagesordnung. Manchmal macht sich sogar eine gewisse Feindseeligkeit gegenüber anderen Unternehmern breit, gepaart mit einer klitzekleinen Portion Schadenfreude, wenn es bei „den anderen“ auch nicht so gut läuft. Doch werfen wir noch einmal einen Blick in das kleine Viertel von Melanie. Dort hat man schon lange erkannt, wie wichtig der Einzelne als Individuum ist, aber vor allem auch, wie wichtig die Gemeinschaft ist. Probleme gibt es auch im Viertel. Doch der Umgang damit ist ein anderer.

Plötzlich sitzen wir alle in einem Boot

Vor einigen Wochen hat sich die Lage geändert. Auf einmal wird vielen klar: Sooo schlecht war es bisher doch gar nicht. Hätte man mal lieber dieses oder jenes ausprobiert und sich aufgerafft, etwas zu verändern.

In Melanies Viertel profitieren nun alle von den bereits existierenden Strukturen und dem gewachsenen Zusammenhalt. Und woanders wird mehr denn je klar, wie sehr jeder von uns „die anderen“ braucht. Neben den ganzen Schreckensnachrichten ist es schön zu erleben, wie ganz besondere Kooperationen entstehen. Das alleine „vor sich hin brotscheln“ löst sich mehr und mehr auf. Und wieder kommt das Internet ins Spiel. Doch diesmal als „zuverlässiger Helfer“ und „Verbindung zur Außenwelt“. Viele, die sich lange Zeit geweigert haben die sozialen Medien zu nutzen, sind heute froh diese Möglichkeiten zu haben. Unternehmen die überall verstreut sind, schließen sich online zusammen, um gemeinsam Lösungen zu erdenken, aber auch um Zuversicht und Hoffnung zurück zu gewinnen.

Das Geheimnis guter Kooperationen

Die größte Hürde für das Schließen von Kooperationen ist die Angst davor ausgenutzt zu werden. Doch ganz ehrlich: Wenn man sich nicht aus der Deckung wagt – wie soll sich daraus etwas entwickeln können? Jetzt ist der perfekte Moment, um über den eigenen Schatten zu springen, sein Unternehmer-Ich in den Vordergrund zu stellen und gemeinsam mit anderen weiter zu machen. Es kommt mehr denn je auf den Menschen und nicht auf das Produkt an, was verkauft wird. Jeder kann seine Erfahrung, seine Persönlichkeit und seine Kenntnisse mit einbringen.

Branchenmix

Fremde Branchen haben manchmal mehr gemeinsam als man denkt. Aber sie haben andere Blickwinkel und das kann sich extrem vorteilhaft auswirken. So können Unternehmen des Zoofachhandels durchaus von Ideen eines Buchhändlers, eines Floristen, eines Restaurants, einer Goldschmiede u.s.w. profitieren.

Branchenintern

Wer sich scheut mit seines gleichen vor Ort die Köpfe zusammen zu stecken, der kann dank der Onlinemöglichkeiten mit Zoofachhändlern in anderen Städten kooperieren. Der regelmäßige Austausch mit Gleichgesinnten kann eine große Stütze sein und den Erfolg maßgeblich beeinflussen.

Virtuell die Köpfe zusammenstecken

Es ist kinderleicht und erfordert nur wenig Equipment, um sich virtuell über das Internet zusammenzuschließen. Nach ein paar Versuchen im kleinen Kreis wird die Anwendung schon bald zur Routine. Alles was man benötigt ist ein Internetzugang per Smartphone, Tablet oder Computer mit Webcam. Eine gute Beleuchtung ist von Vorteil, aber kein Muss. Zu Beginn reicht die Standardtechnik, um sich zusammenzuschließen.

Zudem haben zahlreiche Anbieter für Videokonferenzen aktuell ganz besondere Angebote oder stellen ihre Software gerade kostenlos zur Verfügung.

Für die Kommunikation ist ein Moderator oder eine Moderatorin hilfreich. Vorgegebene Strukturen geben den Teilnehmenden für den Start eine gute Orientierung. Zum Einstieg reihum 2 Minuten Vorstellung oder Aktuelles, gefolgt von einem Wochenthema bringen die Gespräche schnell in Gang.

Ich wünsche eine gesunde Zeit mit viel Zuversicht, Ihre und eure Sabine Ruthenfranz

Erschienen in ZoofachTrend 03/2020